Waltraud Borchard

SAPIENTIAM SAPIENTUM PERDAM

Triumph der Kirche und Niederwerfung des Frevels

Der Freskenzyklus von Filippino Lippi in der römischen Dominikanerkirche Santa Maria sopra Minerva


Waltraud Borchard

SAPIENTIAM SAPIENTUM PERDAM

Triumph der Kirche und Niederwerfung des Frevels

Der Freskenzyklus von Filippino Lippi in der römischen Dominikanerkirche Santa Maria sopra Minerva

160 S., 83 Abb., davon 45 in Farbe, Broschur, 14,6 x 20,5 cm,

Fadenheftung, € 40,– BEITRÄGE ZUR KUNSTWISSENSCHAFT, Band 96

ISBN 978-3-89235-096-5

bereits erschienen

Im Herzen des Campo Marzio in Rom, wo in hellenistischer Zeit die der griechischrömischen Weisheitsgöttin Minerva und den ägyptischen Gottheiten Isis und Serapis geweihten Tempel errichtet waren, entsteht im Jahr 1280 als Zentrum des dominikanischen Ordenslebens die gotische Kirche Santa Maria sopra Minerva mit dem angeschlossenen Kloster. Immer als Zeichen der Überwindung antiker Weisheit durch christliche heißt fortan der gesamte dominikanische Bereich Insula sapientiae.

 

Rund 200 Jahre später beauftragt der mächtige Kardinal und Protektor des Predigerordens, Oliviero Carafa, den Maler Filippino Lippi mit einem Freskenzyklus in seiner Kapelle, der dem Triumph christlicher Weisheit gewidmet ist. Das in Santa Maria sopra Minerva zwischen 1488 und -92 geschaffene Werk zählt in seiner neuartigen bildlichen Sprache zu den bedeutenden Renaissance-Wandmalereien und enthält ein einzigartiges kirchenpolitisches Manifest, das hier erneut verlebendigt wird. Um die Intention des Auftraggebers und die künstlerische Umsetzung zu verstehen, wird zuerst im Rahmen einer ganzheitlichen, die Nachbarwissenschaften von Philosophie und Theologie einbeziehenden Betrachtungsweise das historisch-kulturelle Umfeld abgesteckt, dem der Zyklus sich verpflichtet zeigt. Nach Erörterung des zentralen Konflikts zwischen thomistischer Theologie und averroistischer Philosophie werden die einzelnen Bilder einer subtilen Analyse unterzogen. Deren tieferer Sinngehalt wird im Vergleich mit ikonographischen Vorbildern aus ihrer künstlerischen Form selber erschlossen. Die Funktion dieser Bildreihe erklärt sich dahingehend, dass in einer Zeit, als ein jetzt als musterhaft betrachtetes Altertum das Andere ganz neu aufwertet, hier der vorgezeichnete Heilsweg behalten werden soll. Die als großartige Apotheose gestaltete Verkündigung und Himmelfahrt Mariens an der einen Kapellenwand hat ihre Entsprechung im Triumph des Thomas von Aquin an der anderen. So zeigt die Mariendarstellung die Erfüllung alttestamentalischer Weisheit in neutestamentalischer sowie den Übergang von antiker Weisheit in christliche, der Triumph des Aquinaten dagegen präsentiert die Verdammung der „Weisheit der Weisen“.